Montag, 9. Mai 2016

Plädoyer für ein neues Miteinander - Vom Home Office zu Co-Working und Co-Creation - Teil 1 des Gesprächs mit Barbara Josef

Barbara Josef
Heute geht es weiter mit den Gesprächen im Vorfeld des diesjährigen HR Innovation Days. Auf dieses freue ich mich besonders, weil es mir gelungen ist, eine Twitter-Bekanntschaft für eine Keynote zu gewinnen. Es handelt sich um Barbara Josef, Co-Founder von 5to9 und ehemalige Kommunikationsleiterin Microsoft Schweiz, deren Keynote unter der Überschrift "Vom Home Office zu Co-Working und Co-Creation - Plädoyer für ein neues Miteinander im digitalen Zeitalter“ steht. Mit Barbara Josef verbinde ich nicht nur ihre Rolle als vormalige Kommunikationschefin von Microsoft in der Schweiz, sondern auch die in Deutschland viel beachteten Aktivitäten zum Thema „Home Office“ und „Smart Working“. Doch dazu will ich Frau Josef hier auch befragen.

Wald: Vorweg: Ich freue mich außrordentlich, dass ich Sie für eine Teilnahme am HR Innovation Day in Leipzig gewinnen konnte und, dass es heute mit unserem Gespräch klappt.
Josef: Herzlichen Dank auch von meiner Seite! Letztes Jahr habe ich den Anlass schon via Twitter Hashtag mitverfolgt. Auch wenn man viele Highlights mitbekommt, so fehlt doch das wichtigste – die Begegnungen und Vernetzung vor Ort. Für mich ist unser erst virtuelles, dann physisches Kennenlernen übrigens eine interessantes Beispiel für ein Social Media Phänomen. Ich bin davon überzeugt, dass man Kontakte immer zuerst in der physischen Welt aufbauen muss und sie erst dann in der virtuellen Welt «funktionieren». Aber es scheint eine Ausnahme zu geben, wo auch das umgekehrte funktioniert und zwar wenn Menschen ein sehr enges Interessengebiet teilen.

Wald: Mit dem Thema Ihrer Keynote haben Sie prägende Themen der künftigen Zusammenarbeit in den Unternehmen angesprochen. Welche Schwerpunkte werden Sie im Rahmen Ihres Vortrags setzen? Worauf dürfen sich die Zuhörer/-innen freuen?
Josef: Der Titel enthält eigentlich schon meine wichtigste Erkenntnis, auf die ich gerne eingehen möchte: wir haben mit dem Eintritt ins digitale Zeitalter die einmalige Chance, die Art und Weise, wie wir zusammenarbeiten, neu zu gestalten. Gelingt uns das, gehen sowohl Unternehmungen als auch Individuen als Gewinner aus dieser Verhandlung. Findet dieser konstruktive Dialog hingegen nicht statt, bleibt nicht nur einfach der Erfolg aus, sondern es entstehen Negativeffekte. Anders formuliert: viele Firmen stehen nach der halbherzigen Einführung von flexiblen Arbeitsformen schlechter da als vorher, weil die angestossenen Veränderungen statt Agilität nur Frustration bringen. Jetzt fragen Sie sich vielleicht «wieso nur halbherzig»? Ganz einfach, weil es heute «en vogue» ist, sich im Rahmen der Employer Branding Strategie modern und flexibel zu geben. Viele Firmen wollen jedoch die Geister, die sie da rufen, gar nicht wirklich in der Organisation haben. Ich habe darüber eine nicht ganz ernst zu nehmende Geschichte geschrieben: Die Schildbürger GmbH führt Home Office ein. Im ersten Teil meiner Präsentation werde ich aufzeigen, wie Firmen diese «Schildbürger-Falle» vermeiden können. Im zweiten Teil möchte ich auf den Zusammenhang zwischen neuen Arbeitsformen und der Innovationsfähigkeit von Organisationen eingehen. Wenn wir uns anschauen, wie wir in der jüngsten Vergangenheit mit der neuen Freiheit, die wir dank dem technologischen Fortschritt gewonnen haben, umgehen, so ist spannend zu sehen, dass wir nach dem primären Arbeitsort, dem Büro, zuerst den sekundären, das Home Office, ausprobiert haben und uns nun stark Richtung «Third Places» bewegen. Auch wenn der Begriff ursprünglich nicht aus der Arbeitswelt stammte, passt er sehr gut, um Arbeitsorte zu beschreiben, die weder Büro noch das Zuhause sind. Ein bekanntes «Third Place» Beispiel sind Starbucks Cafés. Noch spannender sind jedoch Orte, die nicht nur individuelles Arbeiten ermöglichen, sondern den digitalen Nomaden eine Plattform bieten, welche die Vernetzung sowie die informelle und formelle Zusammenarbeit mit anderen fördert. Je mehr unterschiedliche Teilnehmer ein solcher Hub zusammenbringt – also von Freelancern und Startups bis hin zu etablierten internationalen Konzernen – desto spannender sind diese Orte aus Sicht Innovationsmanagement. «Innovation happens at the edge»; meines Erachtens sind «Third Spaces» der ideale Nährboden, wo sich Organisationen am Rand ihres Ökosystems austauschen und vernetzen können. Dabei geht es nicht immer nur um perfekt organisierte Design Thinking Workshops. Auch aus einem zufälligen Gespräch an der Kaffeetheke kann ein neues Produkt, ein Schulterschluss zwischen Startup und Grosskonzern oder das nächste Unicorn-Startup entstehen.

Wald: Welche Vorstellungen verbinden Sie mit Co-Working und Co-Creation?
Josef: Das Thema «Co-Working» wird oft mit dem Ausdruck «working alone together» in Verbindung gebracht. In der Vergangenheit dominierte die Meinung, dass diese Ausprägung der Sharing Economy vor allem für Freelancer und Startups Vorteile bringt – quasi die «Bürogemeinschaft 4.0». In der Zwischenzeit zeigt sicher immer stärker, dass diese «Third Spaces» nicht primär als Ort der Einzelarbeit einen grossen Nutzen bringen, sondern als Ort der Vernetzung und Begegnungen. Der Begriff «Co-Creation» geht deshalb weiter als «Co-Working»; er impliziert, dass an diesen Third Spaces auch neue Ideen entwickelt und Informationen ausgetauscht werden.

Wald: Welche Rolle spielen dabei virtuelle und reale Hilfsmittel?
Josef: Meines Erachtens sind zwei unterschiedliche Typen von Technologien interessant: Unified Communications Instrumente und Enterprise Social Plattformen. Mit ersteren sind die meisten vertraut – Kollegen anchatten, eine Videokonferenz aufsetzen, Bildschirmteilen etc. gehört heute zum ABC des modernen Bürolisten. Sie werden oft als Alternative zu physischen Meetings eingesetzt und ermöglichen uns damit erst ortsunabhängiges Arbeiten. Ich persönlich finde Enterprise Social Plattformen – etwas salopp formuliert «Facebook für Firmen» - höchst spannend, weil sie nicht nur quasi ein Substitutionsprodukt für die physische Welt sind, sondern ganz neue Szenarien ermöglichen, die früher gar nicht möglich waren. Als Konsequenz davon entsteht neben der physischen Präsenz in Unternehmen zunehmend auch eine virtuelle. Das wirkt sich auch auf die Führung und Motivationsprozesse aus. Mehr davon dann gerne vor Ort – ganz im Sinne eines «Cliffhangers».

Und dies ist auch der "Cliffhanger" zum zweiten Teil des Gespräch, auf das Sie sich in den nächsten Tagen freuen können.

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